#17 "Zwei Frauen, zwei Wege, eine Botschaft"
30.06.2025 15 min
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser Folge reise ich mit euch nach Rom – auf der Suche nach Lichtspuren in einer oft dunklen Zeit. Ich treffe zwei beeindruckende Frauen, die durch ihre Geschichten, ihre Arbeit und ihre Offenheit anderen Mut machen.
Raffaella Gambardella ist Bloggerin, Autorin und Weltenbummlerin. Mit ihrem Blog Donne con lo zaino („Frauen mit dem Rucksack“) schafft sie einen Raum für Frauen, ihre Lebensgeschichten zu teilen – ehrlich, vielfältig und inspirierend. Der Rucksack steht dabei als Metapher für das, was Frauen im Leben tragen – und loslassen dürfen. Wir sprechen über das Schreiben, das Reisen und die Hoffnung, die im Erzählen liegt.
Julia Schneble begegnet mir im Podcast-Workshop in Rom. Auch sie teilt ihre Geschichte – eine Geschichte von über 20 Jahren Essstörung, von Schmerz, Bruch und Neubeginn. Heute arbeitet sie als Coach und möchte mit einem eigenen Podcast anderen Betroffenen Hoffnung schenken: Heilung ist möglich. In unserem Gespräch spricht sie offen über Tiefpunkte, Wendepunkte und den Mut, Entscheidungen zu treffen – trotz Angst.
Was dich in dieser Folge erwartet:
- Warum der Rucksack bei Raffaella mehr ist als nur Gepäck
- Wie aus Reisen Biografien werden
- Was „Sisterhood“ im echten Leben bedeutet
- Wie Julia ihre Essstörung überwand – und was ihr wirklich geholfen hat
- Welche drei Elemente sie heute weitergibt, um Heilung zu ermöglichen
- Wie Podcasting ein Werkzeug für Selbstermächtigung sein kann
Links zur Sendung
Raffaellas Blog: Donne con lo zaino —> https://donneconlozainotravel.wordpress.com/
Julia Schneble, Coach für das Thema Essstörungen https://www.juliaschneble.com/
Assipod https://www.assipod.org/
Raffaellas Blog: Donne con lo zaino —> https://donneconlozainotravel.wordpress.com/
Julia Schneble, Coach für das Thema Essstörungen https://www.juliaschneble.com/
Assipod https://www.assipod.org/
Transkript
Willkommen bei Traces of Light. Elsbeth Horbaty nimmt dich mit auf die Suche nach Menschen und Gemeinschaften, die in diesen schwierigen Zeiten Mut machen. Ja, mein Kollege in Leipzig sagt es richtig: Ich bin noch immer unterwegs – fast 71 Jahre alt – auf der Suche nach Lichtspuren, nach Menschen, die Hoffnung machen. In einer Zeit, in der vieles ins Wanken gerät – politisch, ökologisch, sozial – will ich nicht tatenlos zusehen, wie es dunkler wird. Auch wenn meine Sicht durch eine Augenkrankheit eingeschränkt ist, möchte ich weitersehen. Anders sehen. Vielleicht tiefer. Vielleicht auch positiver.
Heute stelle ich euch zwei Frauen vor, die ich in Rom getroffen habe. Zwei Frauen, die – wie ich – viel gereist sind, neugierig geblieben sind und sich entschieden haben, ihre Geschichten zu teilen, um anderen Mut zu machen.
Musik
Den Anfang macht Raffaella Gambardella – Bloggerin, Autorin und wie ich vielgereist und gleich alt. Sie hat einen wunderbaren Blog: Donne con lo zaino – Frauen mit ihrem Rucksack – wo sie Frauen interviewt, die von ihrem Leben erzählen. Da sie Italienisch, Spanisch und Englisch spricht, aber kein Deutsch, habe ich das Interview auf Englisch geführt.
We are here with Raffaella Gambardella. She's a blogger in Rome, and when I met her, I immediately felt a deep connection – like a mirror of myself, in some way. Curious, writing, traveling. I’ve been living in her beautiful apartment in the southeast of Rome for two months now. She’s a friend of a friend, and generously rented me a room in times when all hotels are full with tourists.
Raffaella, you've been writing a blog since how long ago? Since when? And why? Um, during the pandemy. You started the blog during the pandemic. And why did you start it? I started because after a sad episode in my life, I wanted to teach the life and I decided to embark on the Camino di Santiago and started a blog to document my journey.
When the borders were closed due to the lockdown, my travel blog seemed useless. The name of the blog was Donne con lo zaino – the women with their backpacks, right? Yes. But I began writing about past trips – my own, and those of friends I had met during my life abroad, because I lived in Chile, Argentina, and France. For that, my Spanish and French are better than English – but okay. After a while, I started focusing on women travelers, and the blog became a sort of shared biography, where women spoke about themselves. It became a journey through the lives of the women I encountered during my life.
And after four years and two books, the journey continues. The author who collaborates with me is Patrizia D’Antonio. We write together, and it's very beautiful to share writing with another person.
You’re right, Raffaella. This is what I lack. I would love to have somebody traveling with me and writing with me. You've done this very well. I hope so. I hope so.
How do you choose the women? I began with my sister, then friends who lived near me. But then I started to interview many women I encountered during my travels. I discovered that there are no ordinary women – they are all extraordinary. Each one discovers her own richness through the act of telling her story. An introspective journey that helps her renew herself. There are engineers, lawyers, teachers, farmers, and sailors. They come from different countries, but they all share one thing in common: their backpack, which they gradually learn to make essential. They learn to empty it and to share its weight when necessary.
The backpack is a metaphor for life. The hope of the women lies in the fact that all of them learned to rebuild their lives with their zaino. In their own way. My blog offers hope – and the desire to start over.
Through the blog, I discovered that sisterhood really truly exists and that a friend is worth more than a thousand words. Writing may not save your life, but it certainly helps to carry the weight of life. Thank you very much, Raffaella, for this quick exchange. My listeners might want to hear some more – so I will give the link to your website. It’s really open to all women who want to share their story. Thank you. Alla prossima.
Musik – italienische Stimmen vom Podcast-Kurs Assipod. Andiamo al podcast pitch...
Raffaella hat mir empfohlen, einen Kurs für Podcast-Producers zu machen. Assipod, die italienische Podcast-Assoziation, lädt einmal im Monat Interessierte ein, um zu lernen, wie man Podcasts erstellt. Für einen Euro habe ich in zwei Stunden sehr viel gelernt – und auch andere zukünftige Podcaster:innen kennengelernt. Der Kurs war auf Italienisch – ich verstehe etwa die Hälfte. Doch wieder mal so ein Zufall: Neben mir saß Julia aus Deutschland.
Sie hilft mir dabei, mich mit meinem Blog zu präsentieren. Als sie sich vorstellt, höre ich genau zu. Auch sie macht etwas, das vielen Mut macht – in einem ganz anderen, sehr persönlichen Bereich. Julia Schneble war auch bereit, mir ein Interview zu geben. Und ich merke sofort: Auch das ist eine Lichtspur.
Julia möchte einen Podcast über Essstörungen machen – genauer gesagt: über die Überwindung davon. Denn sie hat über 20 Jahre lang mit verschiedenen Formen gelebt: Übergewicht, Magersucht, Bulimie, Binge Eating.
Ich habe sehr viel erlebt, aber ich habe diese Essstörung überwunden. Heute arbeite ich als Coach für Menschen, die aus ihrer Essstörung rauswollen. Ich möchte Hoffnung verbreiten. Denn oft hört man, man sei austherapiert, es sei chronisch, es gebe keine Hoffnung mehr. Aber das ist nicht die Realität.
Sie erzählt, dass der Wendepunkt während der Quarantäne kam, als es ihr besonders schlecht ging. Nach einem Wochenende des exzessiven Essens und Erbrechens kam sie ins Krankenhaus – und dort veränderte sich etwas. Drei Tage lang hatte sie Zeit, über ihr Leben nachzudenken.
Ich habe mir die Frage gestellt: Möchte ich so für immer leben? Mein Körper war am Ende, meine Zähne kaputt, meine Haare brüchig, ich war dünn, schwindlig, kraftlos. Und ich habe erkannt: Es gibt drei Dinge, die Heilung ermöglichen: Ein unterstützendes Umfeld, eine helfende Person – sei es Therapeutin oder Coach – und die wiederholte Entscheidung: Ja, ich will heilen. Ich habe Angst, aber ich gehe den Weg trotzdem.
Ein Coach ist wie ein Wanderführer. Der kennt den Berg, die Umwege, weiß, wann man eine Pause machen muss. Laufen muss ich selbst, aber jemand kann mich begleiten. Das macht einen riesigen Unterschied.
Julia lebt seit 13 Jahren in Rom, mit Unterbrechungen. Auch sie hat an dem Podcast-Kurs teilgenommen. Auf die Frage, wie ihr Podcast heißen wird, sagt sie: Ich bin noch am Überlegen. Aber ich möchte meine Geschichte teilen, Mut machen, und auch Wissen verbreiten. Denn oft wissen Menschen gar nicht, was wirklich hinter Essstörungen steckt – und wie tief sie in unsere Gesellschaft eingebettet sind.
Ich möchte wöchentliche Motivation geben – um weiterzumachen, nicht aufzugeben, auch wenn es sich manchmal hoffnungslos anfühlt.
Vielen Dank für das Gespräch, Julia. Wieder eine Frau, die mit ihrer Geschichte anderen Mut macht. Danke für die Einladung. Ich habe mich sehr gefreut.
Julia hat sich neu erfunden – und mit ihrer Stimme will sie nun andere stärken. Mit ihrem neuen Podcast. Wir wissen noch nicht, wie er heißen wird – sie hat mir aber versprochen, mich zu informieren, wenn er online geht. In der Zwischenzeit findet ihr mehr über sie im Link unten im Text.
Zwei Frauen. Zwei Wege. Zwei Lichtspuren. Raffaella und Julia haben ganz unterschiedliche Geschichten – und doch verbindet sie etwas: Sie sind nicht stehen geblieben. Sie haben weitergesucht. Und haben ihr Wissen, ihre Erkenntnisse, ihre Hoffnung weitergegeben.
Danke, dass ihr mit mir gereist seid – heute durch Rom, durch Worte, durch Lebensgeschichten. Ich freue mich, wenn ihr in drei Wochen wieder dabei seid. Bei Traces of Light.