Traces of light

Elsbeth Horbaty
Since 10/2024 4 Episoden

#3 "Leipzig: Ein Ort für sparsamen und bewussten Lebensstil"

04.11.2024 21 min

Zusammenfassung & Show Notes

In der dritten Episode von Traces of Light nimmt uns Elsbeth Horbaty mit in die Stadt Leipzig, wo sie Menschen trifft, die sich für bewussteren Konsum und nachhaltige Mode einsetzen. Von Techno-Partys, die zum Kauf von Vintage-Kleidung einladen, bis hin zu liebevoll kuratierten Flohmärkten zeigt sich Leipzig als lebendige Bühne für alternative Konsumkonzepte und Umweltschutzinitiativen. Die Boutiquen und Verschenkeschränke erzählen Geschichten von Wiederverwertung und verbinden Menschen über Generationen hinweg – von älteren Menschen, die bewusst Kleidung erhalten wollen, bis hin zu jungen Aktivist, die durch Mode ihre Werte ausdrücken.

Inhalt dieser Folge:
- 00:00:00 – Einleitung : Elsbeth Horbaty erklärt, warum sie sich auf die Suche nach inspirierenden Lichtspuren begibt und wie sie dabei selbst neue Wege entdeckt.
- 00:02:22 – Nachhaltige Mode: Ein Besuch in der Boutique *Lisbeths Erben*, wo Recycling und Secondhand-Kleidung im Mittelpunkt stehen. Junge und ältere Generationen vereinen sich hier, um Ressourcen zu schonen und Vintage-Kleidung neu zu beleben.
- 00:04:32 – Die Schattenseite der Modeindustrie**: Elsbeth spricht über die Erkenntnisse der Clean Clothes Campaign zur Ausbeutung und Umweltbelastung durch die globale Modeindustrie.
- 00:06:11 – Flohmarkt-Kultur in Leipzig: Flohmärkte und Verschenkeschränke als alternative Orte für bewussten Konsum und Begegnung. Elsbeths Mitbewohnerin Luna teilt ihre Eindrücke von Leipzigs lebhafter Flohmarktszene.
- 00:10:05 – Persönlicher Stil und Nachhaltigkeit: Luna spricht darüber, wie sie ihre Kleidung bewusst auswählt und wie Mode als Ausdruck ihrer Persönlichkeit dient.
- 00:12:18 – Kleidertausch für Familien: Ulrike, Mutter von drei Kindern, erzählt, wie sie für ihre Familie auf Flohmärkten Kleidung findet und dabei auf Qualität und Langlebigkeit achtet.
- 00:13:18 – Ein Besuch bei Miss Hippie: Ein Gespräch mit Mitarbeiterin Kuschel über faire Mode, die in Deutschland und Polen produziert wird, und über kreative Ansätze zur Wiederverwertung von Materialien.
- 00:16:14 – Rückblick und Ausblick: Elsbeth reflektiert ihre eigenen Erfahrungen mit Konsum und teilt Eindrücke aus Leipzigs Lebensstil. Sie gibt einen Ausblick auf zukünftige Lichtspuren, die sie erforschen möchte, darunter Geschichten aus Uruguay und aus Initiativen für den Frieden in Israel und Palästina.

Mitmachen und Kommentieren: 
Hast auch du inspirierende Geschichten von Menschen oder Projekten, die neue Wege gehen? Elsbeth freut sich über deine Anregungen und Ideen! Schreibe ihr unter den Kommentaren oder kontaktiere sie für ein mögliches Interview.

Veröffentlichung:
Neue Episoden erscheinen jeden zweiten Montagabend.

Transkript

SPEAKER 1
00:00:00
Willkommen bei Traces of Light. Elsbeth Horbaty nimmt Dich mit auf die Suche nach Menschen und Gemeinschaften, die in diesen schwierigen Zeiten Mut machen.
SPEAKER 2
00:00:18
Guten Tag, ich bin Elsbeth Horbaty und gerade 70 geworden. Eine Augenkrankheit lässt meine Sehkraft zunehmend verblassen und ich könnte einfach abwarten, bis es dunkler wird in meinen Augen und auf dieser Welt um mich herum. Stattdessen mache ich mich auf die Suche nach Menschen, die mutig neue Wege gehen, nach Gemeinschaften, die Hoffnung machen und nach kleinen Bewegungen, die Grosses bewirken könnten. Mit den Erinnerungen an meine Zeit als Journalistin, Mutter und Beobachterin dieser Welt, lade ich Dich ein, mich auf dieser Reise zu begleiten. In dieser dritten Episode geht es um Klamotten, Technomusik und Konsum. Ich setze meine Suche nach Menschen fort, die neue Wege schreiten, um in ihrem Alltag eine Spur von Licht oder eben Traces of Light zu hinterlassen. In der Stadt Leipzig habe ich verschiedene Menschen angetroffen, die sich dafür einsetzen, den Kleiderkonsum und damit die verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt einzudämmen. Gleich neben dem riesigen Outlet eines internationalen Bekleidungsriesen höre ich die dumpfen Schläge von Technomusik. Zwei junge Frauen, die ich in der Bahn von Berlin nach Leipzig kennengelernt hatte, haben mir empfohlen, diese nachmittägliche Technoparty in der Innenstadt von Leipzig zu besuchen. Nicht so ganz meine Musik, ehrlich gesagt, aber mich interessierte das Ziel dieser Veranstaltung, Verkauf von gebrauchten oder neudeutsch ausgedrückten Vintage-Kleidern. In der Boutique Lisbeths Erben erklärt man mir das Ziel dieser Veranstaltung.
SPEAKER 1
00:02:22
In der schnelllebigen Zeit, wo alles schnell hergestellt wird, billig hergestellt, in Massen und Überfluss gibt, ist die Jugend, glaube ich, auch auf der Suche nach Altem, was nochmal recycelt wird. Nachhaltigkeit spielt ja so ein grosses Thema, was auch sehr wichtig ist, weil es gibt viel zu viele Ressourcen auf der Welt, die einfach verschwendet werden und hier wird etwas wiederbelebt, auch Kleidungsstücke, die schon eine Geschichte haben, wo vielleicht auch irgendwelche Seelen tatsächlich drinstecken und weiterleben in jungen Menschen und das macht Hoffnung. Wir holen ja praktisch die Kleidung, die irgendwo eigentlich weggeschmissen worden wäre und retten sie praktisch dann auch vor dem Müll. Es wird ja alles gewaschen und auch wieder aufgearbeitet und wir achten auch darauf, dass es die alten Materialien sind, auch noch aus richtiger Baumwolle, nicht so viel Kunstfasern. Und da sind ja die ganzen Öle, die sind ja schon alle mitverarbeitet und wenn man das wieder benutzt...
SPEAKER 2
00:03:34
Sie haben erwähnt, dass Sie in den 50ern zusammen mit Leuten aus den 20ern arbeiten. Was ist denn daran so besonders?
SPEAKER 1
00:03:44
Besonders ist, dass die Generation in den 50ern ja schon noch anders gelebt hat. Eigentlich auch in der Zeit, wo Ressourcenverschwendung gar kein Thema war oder man es nicht so ernst genommen hat und die Jugend jetzt einen ganz anderen Fokus darauf hat und auch tatsächlich die Älteren auch mehr Bewusstsein dadurch kriegen. Hier das Geschäft wird ja von meiner besten Freundin, die in den 50ern ist, geführt und mit ihrem Sohn zusammen, der 26 ist und der andere Sohn, der 24 ist und dann auch die Musik so ein bisschen reinbringt und Bühnen für junge Künstler schafft. Die haben ein ganz anderes Bewusstsein dadurch und schaffen da auch so eine Verbindung zwischen Jung und Alt. Das ist ganz toll.
SPEAKER 2
00:04:32
Ich bin auf die Suche nach Informationen über die Schäden der Bekleidungsindustrie gegangen und bei der Nichtregierungsorganisation «Clean Clothes Campaign» fündig geworden. Sie sagt, dass die globale Bekleidungsindustrie auf Ausbeutung gegründet ist. Dutzende Millionen Menschen, meist Frauen, arbeiten in extrem schlechten Arbeitsbedingungen. Lange Stunden für sehr wenig Geld. Internationale grosse Marken geben sogar zu, dass die Löhne nicht existenzsichernd sind. Die Arbeitsplätze sind gefährlich und die Arbeitsrechte werden nicht eingehalten. Schlimm sind auch die Auswirkungen für die Umwelt. Laut «Clean Clothes Campaign» ist die Bekleidungsindustrie eine der grössten CO2-Verursacher auf der Erde und einer der grössten Abfallproduzenten. Drei von fünf der 100 Milliarden Kleidungsstücke, die 2018 hergestellt wurden, landeten innerhalb eines Jahres auf der Mülldeponie. Giftige Chemikalien gelangen in die Umwelt und die Baumwollproduktion verbraucht riesige Mengen an Wasser.
SPEAKER 1
00:05:55
Musik
SPEAKER 2
00:06:11
Die Musik aus den 70er Jahren auf einem alten Plattenspieler, hier auf diesem Flohmarkt in Plagwitz im Westen von Leipzig, ist sanfter. Das Thema ist das gleiche. Wieder Gebrauch und Wiederverkauf von noch gutwertigen Kleidern. Fast jeden Tag findet hier in dieser Stadt irgendwo ein Flohmarkt statt. Viele der Flohmärkte hier haben bereits Kultcharakter. Neuerdings werden auch junge Menschen mit Musikveranstaltungen auf die Flohmärkte aufmerksam gemacht, um sie von den Kleiderbilliganbietern wegzulocken. Ich befrage meine Mitbewohnerin Luna, die mich vor ein paar Wochen mit auf den Flohmarkt genommen hat, weshalb sie dort die Kleider kauft. Ich bin hier bei Luna. Sie ist Yoga-Lehrerin in Leipzig und überall ein bisschen unterwegs an Festivals, wo sie Kakao, Zeremonien offeriert, Yoga-Stunden etc. Und sie ist meiner Meinung nach sehr bewusst gekleidet. Und ich wollte sie fragen, wo kaufst du denn deine Kleider?
SPEAKER 3
00:07:26
Wenn ich hier in Leipzig bin, da liegt die Kleidung quasi auf der Straße. Also ganz viele Leute wollen Sachen nicht mehr haben, sortieren die aus, legen die einfach vor die Hauseingänge und ein anderer Bereich natürlich Flohmärkte. Davon gibt es hier richtig viel.
SPEAKER 2
00:07:42
Erzähl mir doch ein bisschen mehr noch, wie die Leute die Kleider einfach auf die Straße werfen oder wie ist das genau?
SPEAKER 3
00:07:49
Also sie werfen die nicht auf die Straße im Sinne von, sie wollen sie wegwerfen. Das nicht, sondern ganz oft findet man hier vor Hauseingängen so Kartons und da wissen auch schon alle, die vorbeigehen, ah, da sind Sachen drin, die Leute aussortiert haben, die sie nicht mehr brauchen. Da kann man einfach reinschauen, ob irgendwas dabei ist, was man selber möchte.
SPEAKER 2
00:08:08
Und es gibt auch so diese Kästen, wo das aufgehängt wird in der Nachbarschaft? Hier zum Beispiel in Schleusig, wo wir sind?
SPEAKER 3
00:08:16
Genau, hier in Schleusig gibt es einige Verschenke, Schränke nennt sich das. Zum Beispiel bei der Entenbrücke steht sowas oder auch in der Nähe von der Tanzzentrale gibt es auch so einen Schrank. Und das funktioniert so ähnlich wie die Kartons vor den Hauseingängen, ist aber natürlich ein bisschen geschützter, man kann das zumachen, es ist gegen Regen geschützt und da gibt es auch eine ganze Menge Sachen, nicht nur Kleidung, auch Haushaltsgegenstände.
SPEAKER 2
00:08:43
Genau, und ich habe gesehen, ich war ja mit dir auf einem Flohmarkt, das war nicht nur Flohmarkt, sondern auch Musik. Worum geht es bei diesen Flohmärkten? Hast du eine Idee oder weshalb gehst du da hin?
SPEAKER 3
00:08:56
Ich mag bei solchen Flohmärkten auf jeden Fall die Atmosphäre, ganz viele verschiedene Leute aus allen Generationen gehen da hin, von Kindern, Familien, ältere Menschen. Und es ist nicht nur ein Ort, um schöne Sachen zu entdecken und für einen günstigen Preis zu bekommen, sondern auch, um sich auszutauschen, einen Kaffee zu trinken, gemeinsam sich zu bewegen. Wie du meintest, manchmal gibt es Musik, dann fangen die Leute an zu tanzen. Es ist viel, viel mehr, es ist fast schon ein Lebensgefühl, würde ich sagen. Und in den großen Läden, ich stehe dir ein bisschen kritisch gegenüber, ich weiß nicht sehr viel darüber, aber ich weiß schon, dass die Arbeitsbedingungen sehr, sehr schlecht sind für die Menschen, die diese Sachen herstellen. Und ich möchte das ungern weiter unterstützen. Und da es einfach so viel Kleidung im Umlauf gibt, kaufe ich lieber second-hand und weiß zwar, okay, die Sachen kommen in der Regel auch von solchen großen Läden, aber ich bin eben die zweite Person, die das trägt.
SPEAKER 2
00:09:58
Was bedeutet denn Kleider für dich, für so eine junge, schöne Frau?
SPEAKER 3
00:10:05
Durch meine Kleidung würde ich schon sagen, dass ich auch ausdrücke, welche Art von Mensch ich bin, was vielleicht auch meine Ideen vom Leben sind. Kleidung bedeutet für mich Wohlfühlen. Ich achte auch auf Materialien zum Beispiel, wie fühle ich mich wohl, was ziehe ich gerne an. Es gibt ja diesen Spruch, Kleider machen Leute, und ich finde das schon. Ich finde, über Kleidung kann sehr, sehr viel ausgedrückt werden.
SPEAKER 2
00:10:35
Und gibt es ein bestimmtes Kleidungsstück, das du immer trägst oder gerne trägst?
SPEAKER 3
00:10:40
Da hast du Glück, das habe ich heute direkt an. Mein Lieblingspullover, das ist so ein beiger Wollpullover mit Lochmuster, und der wurde mir tatsächlich vor die Tür gelegt. Also ich kam eines Tages nach Hause, und da hatte jemand aus meinem Haus genau dieses Kleidungsstück aussortiert, und ich habe gedacht, wow, gefällt mir total gut, und seit drei Jahren trage ich diesen Pullover.
SPEAKER 1
00:11:03
Dass man sich auch schön kleiden kann und trotzdem auf die Umwelt achten kann, zeigen andere Ansätze.
SPEAKER 2
00:11:10
Weniger konsumieren, dafür etwas, das man immer wieder waschen kann, oder fair hergestellt wurde. Dazu Ulrike, Mutter von drei Kindern, neun, acht und sieben Jahre alt. Mir ist total wichtig, dass die Sachen halten, und dass sie das aber auch mal aushalten, wenn sie dreckig werden.
SPEAKER 1
00:11:31
Also ich finde es ganz, ganz schlimm, wenn Kinder so ausstaffiert werden, und dann, ja, aber mach dich nicht dreckig. Für mich ist zum Beispiel, wenn ich jetzt Kleidung kaufe, wichtig, also ich weiss, ich kann sie zum einen auch mal heiß waschen, ohne dass sie kaputt geht, und dann kann ich sie auch mal aushalten, wenn sie dreckig werden. Also ich weiss, ich kann sie zum einen auch mal heiß waschen, ohne dass sie kaputt geht. Sie muss gar nicht immer gut aussehen, natürlich kommen die Kinder langsam auch in den Alter, da ist es dann schon wichtig, dass es besonders gut aussieht, aber an Kleidung ist mir wichtig, dass sie auch einfach hält. Ich möchte nichts kaufen, was sofort kaputt ist. Und die Kinder spielen nun mal Pferd auf dem Schulhof, oder Touren, Klettern, das muss einfach alles haltbar sein. Ich kann nicht jede Woche neue Leggings kaufen gehen.
SPEAKER 2
00:12:18
Und kaufst du neu, oder gehst du auch auf die Flohmärkte? Oder gibt es hier so ein Kleider von älteren Kindern für jüngere Kinder-Methode?
SPEAKER 1
00:12:28
Ja, das ist gemischt. Also manche Sachen werden neu gekauft, dann gibt es Flohmärkte, wo ich regelmäßig hingehe, wo wir auch mal verkaufen, wo wir dann aber auch wieder neue Sachen dazukaufen. Es gibt auch bei uns, ich wohne im Leipziger Südosten, dort ist der Lene Vogtpark, dort gibt es die große Tauschbude. Da kann man auch immer gut mal gucken, ob man da eine Jacke findet oder Schals. Also wir haben schon sehr viele Oberteile da für die Kinder auch rausgesucht. Man kann eben, wenn ich was nicht brauche, kann ich es reinlegen und jemand anders kann es mitnehmen. Wir selber legen auch Sachen rein und gucken. Also es ist so ein Mischmasch.
SPEAKER 2
00:13:03
Faire Kleider habe ich in der Boutique Miss Hippie gefunden. Nach der Wende arbeitslos gewordene Frauen entschlossen sich, Kleider selber zu nähen. Hier erzählt eine Mitarbeiterin die Geschichte dieser Firma.
SPEAKER 4
00:13:18
Ich bin die Kuschel, ich bin hier Verkäuferin seit fast drei Jahren, genau.
SPEAKER 2
00:13:24
Magst du mir ein bisschen erzählen, was das Ziel dieses Laden ist? Kleider zu verkaufen, aber mit mehr dahinter, ja?
SPEAKER 4
00:13:34
Ich glaube, das ist so ein richtiges Ziel, gab es gar nicht. Ich glaube, das ist wirklich so eine Überzeugung, eine Lebensart einfach gewesen. Das fing klein an, dass vor Ort genäht worden ist. Früher gab es auch viel mehr Second Hand hier. Und irgendwann wurde das weniger Second Hand, weil dann gab es den Laden dann schon zehn Jahre. Und die Schnitte wurden immer mehr, die sich ausgedacht worden sind. Und es wurden immer mehr Schnitte. Dann hat man gemerkt, dass man hier vor Ort gar nicht mehr nähen kann. Man hat das Pensum gar nicht mehr geschafft. Dann hat man überlegt, wir müssen das irgendwie schneidern lassen. Hier in Deutschland ist es, glaube ich, schwer, eine Schneiderei zu finden, in einer bestimmten Produktionszahl zu produzieren. Weil wir auch gesagt haben, wenn, dann machen wir es ja regional, lokal. Und jetzt haben wir halt zwei, ich glaube mittlerweile drei Produktionsstätten Schneidereien in Polen. Das ist so zwei, drei Stunden Autofahrt. Und da lassen wir das jetzt schneidern. Und die Stoffe, die kommen so größtenteils, glaube ich, in Italien, Niederlande. Da fahren dann aber wirklich immer so zwei hin vom Betrieb, gucken sich die Stoffe an und kaufen sozusagen Reststoffe auf von größeren Modehäusern und so. Wo die dann irgendwann sagen, ab einer bestimmten Stückzahl, das lohnt sich gar nicht mehr, die Stoffe zu verarbeiten. Genau, und dann holen die hier nach Leipzig, nach Plagwitz rüber. Da ist unser Lager, das ist ein ganz großes Regal, da sind die ganzen Stoffe drin. Und dort haben wir auch alle Sachen, die zum Beispiel im Winterschlaf sind oder im Sommerschlaf, je nachdem, was im Laden hängt. Und dort sitzen die Designerinnen und da sitzen auch noch zwei, drei, die einen Onlineshop machen. Und einer, der halt auch die Sachen raussucht jeden Tag, wenn wir sagen, wir brauchen das und das. Der die dann zu uns bringt oder zwischen Schneiderei und Leipzig mal hin und her fährt. Genau. Und ich glaube, Ziel ist es einfach, eine gut vertretbare, sage ich mal, moralische Mode zu schaffen.
SPEAKER 2
00:15:44
Man will ja schön aussehen. Wir wollen alle schön aussehen.
SPEAKER 4
00:15:49
Das tun wir natürlich auch nackig, sage ich mal. Aber so Dinge, wo man sich wohlfühlt und wo man auch merkt, das kann ich beruhigt anziehen.
SPEAKER 1
00:16:00
Musik
SPEAKER 2
00:16:14
Kürzlich hatte ich Besuch von einer Freundin aus der Schweiz. Uns ist aufgefallen, dass sich die Leute in Leipzig eigentlich eher alle sehr schlicht bekleiden, sagen wir mal im Gegensatz zu Paris, Zürich oder München. In Zürich fällt mir immer auf, wie viele Menschen eigentlich neue Schuhe tragen. Hier in Leipzig sieht man wenige Farben. Viele junge Menschen tragen den bereits schon klassisch gewordenen schwarzen Trainingsanzug mit weissen Zeichen drauf. Aber auch in der Innenstadt der traditionsreichen Messestadt trägt man eher schlichte Kleider. Auch im Supermarkt, der hier noch immer Konsumgenossenschaft heisst, wie bei uns in den 50er Jahren, ist der Konsum eher schlicht. Gestern war Feiertag und der Andrang deshalb beim Einkaufen recht gross. Es liegen jedoch jeweils wenige Dinge auf dem Band, vor allem bei älteren Menschen. Vor mir eine Frau mit drei Broten und zwei Marmeladengläser und einer Butter. In der DDR haben die Menschen nie den Konsumüberfluss gekannt. Die Kleider waren, wie mir jemand kürzlich erklärt hat, SED, also sozialistisches Einheitsdesign. Viele Kleider sahen ähnlich aus. Aber was sie gemacht haben, so wurde mir erzählt, man hat die Kleider nach Hause genommen, mit viel Kunst dann die Klamotten aufgepeppt. Ich bin in den früheren 70er Jahren als Teenager in der Schweiz aufgewachsen. Wir haben uns damals gegen die Konsumgesellschaft gewehrt. Beeinflusst von der Hippie-Bewegung aus den USA kleideten wir uns schlicht und lehnten Make-up, Frisuren und Anzüge ab. Das hat mich geprägt und ich versuchte schon immer, meine Ausgaben für Kleider für mich und meine Familie bescheiden zu halten. Aber wenn ich ehrlich bin, muss ich doch gestehen, dass wir dann halt oft andere Dinge konsumiert haben, wie zum Beispiel Schallplatten, Reisen etc. etc. Deshalb freut es mich sehr, hier in Leipzig trotz allem Lichtspuren des sparsamen und bewussteren Lebensstils zu sehen. Das ist die dritte Episode von Traces of Life. Ich habe viele schöne Rückmeldungen von meinem Podcast erhalten. Vor allem freut es mich, dass meine Freunde und Freundinnen mir Ratschläge geben, welche Themen ich noch angehen könnte und Lichtspuren zu finden. So sagt mir Teres aus Winterthur, ich sollte einen Beitrag zum Land Uruguay machen, weil das ganze Land eine Lichtspur wäre. Sabine zeigt mir eine Website mit dem Namen Aula, wo demokratische Praktiken und Kompetenzen gefördert werden. Und Judith aus Bern führt mich zu einer WhatsApp-Gruppe von Unterstützung für Frauen Friedensorganisationen von Israel-Palästina zu. Ich überlege mir, eine Website zu machen, wo ich diese Lichtspuren aufschalten könnte und man einen Link hätte, damit jeder auch noch den weiteren Lichtspuren folgen kann. Aber erst mache ich mal langsam weiter und befasse mich das nächste Mal mit Menschen, die sich hier gegen den wachsenden Rechtsrutsch wehren. Jeden zweiten Montagabend teile ich mit dir Geschichten, die eine Spur von Licht oder eben Traces of Light erscheinen lassen. Vielleicht hast du Geschichten, welche ich auch aufgreifen könnte. Bitte schreibe mir unter den Kommentaren und mache mit. Wo entsteht etwas Neues? Nimm Kontakt mit mir auf und ich kann dich auch interviewen. So machen wir uns gemeinsam auf die Suche nach Lichtspuren, die die schleichende Dunkelheit dieser Welt und in meinen Augen aufhalten könnten.